Vaterstetten - Was nicht passt, wird
passend gemacht, diese alte Handwerkerweisheit ist auch außerhalb von Baustellen
gültig. Etwa bei der Genehmigung einer solchen, wie sich nun im
Vaterstettener Grundstücks- und Bauausschuss gezeigt hat. Dieser hatte über
die Aufhebung eines alten Bebauungsplanes zu befinden, der wiederum der
Erteilung einer Baugenehmigung im Weg stand.
Beantragt war die Errichtung eines Einfamilienhauses im
Hasenweg und weder die Verwaltung noch die Mehrheit der Gemeinderäte sahen
in dem Projekt irgendein Problem. Zwar widerspricht das Vorhaben einigen
Vorgaben im Bebauungsplan für das Gebiet, es liegt teilweise außerhalb der
festgeschriebenen Baugrenzen. Nach Meinung des Bauamts könne man aber eine
Ausnahme machen und die Befreiung vom Bebauungsplan erlauben, da man in der
Vergangenheit in der Nachbarschaft ähnliche Vorhaben genehmigt hatte, eine
Auffassung, der sich der Ausschuss im vergangenen Juni angeschlossen hatte.
Allerdings nicht der ganze Ausschuss.
Die Gemeinderäte von Grünen, Freien Wählern und FBU/AfD
lehnten das Vorhaben mit dem Argument ab, wonach die Ausnahmen den Grundlagen
des Bebauungsplanes widersprächen. Was sich auch durch· Präzedenzfälle nicht
rechtfertigen lasse, denn diese seien nicht rechtens und hätten daher keine
Vorbildwirkung.
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Einen Schritt weiter, als einfach nur im Gremium dagegen
zu stimmen, ging der FBU/AfD-Gemeinderat Manfred Schmidt. Er reichte gegen
die vom Ausschuss erteilten Befreiungen eine fachaufsichtliche Beschwerde
bei der Regierung von Oberbayern ein-und hatte Erfolg: Die Regierung folgte
Schmidts Argumentation und untersagte der Gemeinde daraufhin, die Baugenehmigung
auszustellen, da diese dem Bebauungsplan widerspreche.
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Künftig, so warnt Herbert Uhl, stelle
jeder seinem Nachbarn eine Mauer vor den Gartenzaun
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Doch
diesen gibt es nun nicht mehr: Am Dienstag beschloss der Bauausschuss mit
Ausnahme der Stimmen von Grünen, Freien Wählern und FBU / AfD, den Bebauungsplan
für das Gebiet, in dem auch der Hasenweg liegt, aufzuheben. Künftig wird die
Zulässigkeit von Neubauten dort nach dem sogenannten Einfügungsgebot
entschieden. Das heißt, es darf so gebaut werden, wie schon in der Umgebung
gebaut wurde. Für das von der Regierung untersagte Einfamilienhaus am
Hasenweg bedeutet das, dass es wohl gebaut werden darf, denn ohne Bebauungsplan
sind die Nachbarhäuser sehr wohl als Präzedenzfälle zu werden.
Diese
würden langfristig den Charakter der gesamten Siedlung verändern, und zwar
zum Schlechteren, beklagte Herbert Uhl (FW}. Aktuell gebe es in dem Bereich,
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der offiziell Baugebiet
Keßler II heißt und in etwa das unregelmäßige Viereck zwischen Hasenweg,
Otterweg, Marderstraße und Karl-Böhm-Straße umfasst, ,,viele Grundstücke mit
großem Grünbereich." Das werde ohne Bebauungsplan wohl nicht mehr lange
so bleiben, prognostizierte Uhl, ,,da stellt dann jeder seinem Nachbarn
eine Mauer vor den Gartenzaun." Das beantragte Wohnhaus im Hasenweg sei
der beste Beweis dafür, so Uhl, ,,das ist der Einstieg in die zweite
Reihe", also in eine Nachverdichtung in die bisherigen Gärten.
Von denen es in dem Gebiet ohnehin kaum noch welche gebe,
erwiderte Bauamtsleiterin Brigitte Littke, schließlich seien dort in den
vergangenen Jahren zahlreiche ähnliche Gebäude entstanden: ,,Ich sehe
nicht, wo hier noch groß verdichtet werden soll, es ist doch schon so gut
wie alles bebaut." In diesem Fall, so Manfred ,Schmidt, könne man sich
die Aufhebung des Bebauungsplanes ja getrost sparen, „wenn es sowieso keine
Auswirkungen hat."
Diese gebe es sehr wohl; so Littke, allerdings weniger im
baulichen als im juristischen Bereich. Denn durch die vielen in der
Vergangenheit genehmigten Ausnahmen sei der Plan möglicherweise gar nicht
mehr gültig. Zumindest sind einige der dank des Eingreifens der Regierung von
Oberbayern nicht zum Zuge gekommenen Bauwerber dieser Ansicht, und haben Klage
beim Verwaltungsgericht eingereicht. Ob dieses der Argumentation der Regie-
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rung oder jener der
Bauwerber folge, sei völlig unklar, so Littke. Tatsächlich hatte das
Verwaltungsgericht in der Vergangenheit schon Bebauungspläne in Vaterstetten
für ungültig erklärt, weil man zuvor zu viele Ausnahmen zugelassen hatte.
Würde man den Bebauungsplan beibehalten, bestehe das Risiko, dass man
künftig um jedes Bauvorhaben in der Siedlung einen Rechtsstreit führen
müsse.
,,Darauf
sollten wir es ankommen lassen", forderte Uhl und Schmidt erklärte, er
sei „erbost, dass man hier so ein Fass der Nachverdichtung aufmacht",
und das auch noch „mit einem - ich hätte fast Trick gesagt - aber mit einem
Hintertürchen". Die Aufhebung von Bebauungsplänen sei keinesfalls ein
Hintertürchen, entgegnete Dritter Bürgermeister Günter Lenz (SPD), „das ist
eher die Vordertür", durch die man gehen müsse, wenn die Realität nicht
mehr dem Plan entspreche. Auch Bürgermeister Georg Reitsberger (FW} warb für
die Aufhebung: ,,Der Bebauungsplan ist jetzt mehr als 60 Jahre alt, heute baut man
eben anders." Dies wollte auchStefan Ruoff (Grüne) nicht bestreiten,
allerdings solle man dem nicht durch eine Aufhebung sondern durch eine Anpassung
des Bebauungsplanes Rechnung tragen.
Diese
Forderung fand indes keine Mehrheit, gegen die Stimmen der Grünen, der
Freien Wähler und der FBU/AfD wurde die Aufhebung des Bebauungsplanes
beschlossen sowie die Baugenehmigung für das Einfamilienhaus im Hasenweg
erteilt.
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