Einem
Antrag der Freien Wähler, die auf ihren Vorschlag vor 9 Jahren
eingeführte 1%-Haushaltsregel im Rahmen einer Arbeitsgruppe zu
überarbeiten, erteilten die anderen Fraktionen eine Abfuhr. Das
ist ein Rückschritt auf dem Weg zu einer nachhaltigen
Haushaltspolitik.
Die
Regel besagt: "Im Verwaltungshaushalt sollen die Ausgaben nicht
stärker wachsen als die Einnahmen, sondern 1% unter den
Einnahmen bleiben." Seit Beginn wurde diese Regel eingehalten oder
sogar unterschritten.
Die
Verwaltung hatte nun vorgeschlagen, die auf der Einnahmen- und
Ausgabenseite betragsmäßig identischen
Buchungen wie beispielsweise kalk. Kosten und Interne
Leistungsverrechnung sowie die Kreisumlage bei der Ermittlung der
Kennzahl nicht mehr zu berücksichtigen, da sie die prozentuale
Veränderung aufgrund der unterschiedlichen Basis (die Ausgaben
werden bei der Ermittlung der Kennzahl um Zuführungen zum
Vermögenshaushalt reduziert) verzerren würden.
Für die interne Leistungsverrechnung trifft das in der Tat zu.
Der Anstieg der kalkulatorischen Abschreibungen
war insofern überhöht, als diese erst in den letzten Jahren
eingeführt wurden. Dieser Effekt muß natürlich
statistisch bereinigt werden. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht
dürften sie sich allerdings nicht im Verwaltungshaushalt
ausgleichen, da sie einen Werteverzehr im Vermögenshaushalt
darstellen. Durch die Systematik der Kameralistik ist dieser nicht
durch Einnahmen gedeckt, sofern nicht in angemessener Höhe
Zuführungen zum Vermögenshaushalt erfolgen. Ob diese
ausreichen, ließe sich aber nur durch eine detaillierte
Ermittlung überprüfen.
Die Veränderung der Kreisumlage
mit dem Argument wegzulassen, dass diese nicht beeinflussbar sei, ist
ebenfalls fragwürdig. Zum einen trifft dies für den
größten Teil der Ausgaben zu, zum anderen muß sie
letztlich doch durch Einnahmen gedeckt sein. In den letzten 10 Jahren
ist sie kontinuierlich um rd. 5% pro Jahr gestiegen.
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Um
diese und andere Unklarheiten, die sich dem Laien nicht auf den ersten
Blick erschließen, gründlich zu untersuchen, haben die
Freien Wähler die Neuauflage der interfraktionellen Arbeitsgruppe
beantragt. Unter dieser Prämisse haben sie dem Vorschlag der
Verwaltung zugestimmt, um eine konstruktive Zusammenarbeit zu
ermöglichen. Umso enttäuschender diese Abfuhr.
Denn es gibt noch weitergehende Zweifel, ob die derzeitige Regel -
obwohl ein Schritt in die richtige Richtung - ausreicht. In der
Begründung des Antrags wurde dies erläutert.
Die 1%-Regelung allein erweist sich in Phasen längerer
Hochkonjunktur (die wir in den letzten Jahren hatten) als
problematisch, da die Ausgaben durch die Koppelung an das konjunkturell
bedingt überdurchschnittliche Einnahmenwachstum das reale Wachstum
+ allg. Teuerung übersteigen. Erfahrungsgemäß ist aber
ein einmal erreichtes Ausgabenniveau nur noch schwer zu reduzieren,
wenn die Einnahmen konjunkturell bedingt sinken. Dies liegt insbes. an
eingegangenen vertraglichen oder anderweitig schwer rücknehmbaren
Verpflichtungen. Die Folge ist eine über das erwünschte
Maß hinausgehende Neuverschuldung, die sich bereits im Finanzplan
bis 2019 angedeutet hat, weshalb dieser von den Freien Wählern
abgelehnt wurde.
Er liegt auch im Sinne der Keynes'schen Wirtschaftspolitik, nach der
Einnahmenüberschüsse in Phasen der Hochkonjunktur zur
Schuldentilgung zu verwenden sind, um dann bei einer Rezession
Spielraum für Neuverschuldung (deficit spending) zu haben.
Deshalb sollte man die Regelung dergestalt ergänzen, dass der Ausgabenanstieg
wirksam auf das reale Wachstum der Gemeinde (Einwohner und Gewerbe)
sowie den Anstieg der allgemeinen Lebenshaltungskosten begrenzt wird.
Die
Freien Wähler sehen diesen Vorschlag als konstruktive Lösung,
um dieser Schuldenfalle zu entgehen, und werden sich weiter für
eine nachhaltige Haushaltspolitik einsetzen. Volkstümlich
ausgedrückt bedeutet dies: Wir dürfen nicht über unsere
Verhältnisse leben und müssen für schlechte Zeiten
vorsorgen.
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